Meinungen

M.W. meint: Die Klärschlamm-Initiative befasst sich seit Monaten mit dem Thema Klärschlammverbrennung im Hildesheimer Hafen. Aus den öffentlich zugänglichen Unterlagen ergibt sich schon heute mehr Widerspruch als Zustimmung (kilometerweite Transporte des Klärschlamms nach Hildesheim über viele Jahrzehnte, Emissionen aus der Anlage, Nährstoffrückgewinnung in Hildesheim derzeit nicht möglich, Naturschutzgebiet Haseder Busch, Lebensqualität der Menschen in unmittelbarer Nähe und noch vieles mehr). Andernorts wurde die Bevölkerung von Anfang an an der Planung und dem Bau von Klärschlammverbrennungsanlagen transparent mit einbezogen. Nicht so in Hildesheim.
Es wäre wünschenswert, wenn das Thema MKVA ebenso viel mediale Aufmerksamkeit bekäme wie der Wasserkamp. Denn auch hier sind Parallelen erkennbar (Naturschutzgebiet, Verkehr), und auch dieses Projekt haben die Hildesheimer Ratspolitiker zu verantworten.

L. S. meint: Einstänkern und dann verarschen!

Am 07.08.19 hat sich Herr Dr.-Ing. Erwin Voß laut HAZ zum Gestank aus dem Hafengelände wie folgt geäußert: “Wir forschen nach den Ursachen!“ Dann stand da noch, dass der Klärschlamm jetzt gekalkt werde und dass Biofilter regelmäßig gewartet werden! HALLO, wird auf der Kläranlage etwa die Wartung von Anlagen zum Schutz der Umwelt vernachlässigt? Und wenn Klärschlamm, der gekalkt ist, nicht stinkt, warum hat man das dann unterlassen und wann hört man wieder mit dem Kalken auf? Etwa, wenn der nächste Sommer kommt? Es muss allen betroffenen Bürger/innen (und ihren politischen Vertretern) klar sein, dass  Klärschlamm, der gekalkt wurde, nicht mehr verbrannt werden kann. Fragt sich eigentlich irgend jemand, wie das ab 2025 werden soll, wenn statt 11.000 Tonnen im Jahr (Klärschlammanfall der Kläranlage Hildesheim) mehr als das 10fache, nämlich 135.000 t in den Hafen zur Verbrennung gekarrt werden? Ja, es werden dort auch Absauganlagen installiert. Aber die Abluft wird dann auch über Filter geführt, die dann, so die jetzige Erfahrung, wegen fehlender Wartung nicht funktionieren! Am 02.01.20 war in der HAZ zu lesen, dass alles reibungslos funktioniert und sich die Lage entspannt hat. Es wurde Vollzug gemeldet. Frage: Worin besteht der Vollzug? Wenn, wie am 07.08.19 von Hr. Krüger angemerkt, Ablagerungen zu fauligem Abwasser und damit zu Gerüchen führen, müssten doch Bauwerke, in denen das faulige Abwasser bisher stand, entweder umgebaut oder Abluftfilter installiert worden sein. Davon ist in dem Artikel aber keine Rede. Gerne kann die SEHi die konkreten Maßnahmen auflisten, die zur Geruchsvermeidung durchgeführt wurden, aber bis dahin muss davon ausgegangen werden, dass die Bürger einfach veräppelt werden. Es sollten sich alle Betroffenen dringend fragen, ob die SEHi (oder auch die KNRN) als Betreiber geeignet erscheint, eine Verbrennung der geplanten Größenordnung im Hafen zu betreiben, wenn jetzt schon im Kleinen Probleme dieser Dimension auftauchen. Wie schon gesagt, erst einstänkern und dann die Leute veräppeln. Leider kommt, wenn die Verbrennung nicht noch verhindert wird, genau das, allerdings viel schlimmer auf jeden Einzelnen von uns zu.

H. B. meint: Die Mono-Klärschlammverbrennungsanlage ist überflüssig wie ein Kropf!

Es wird nicht stinken und qualmen, aber es rollen jede Menge Laster zusätzlich und die Häuser in der Umgebung werden an Wert verlieren. Teilweise hat Herr Räbiger also Recht. Der Zusammenschluss etlicher Kommunen bietet sicherlich wirtschaftliche Vorteile. Die Klärschlammmengen für die Verbrennung sind auf 25 Jahre gesichert. Aber die nächsten 25 Jahre werden auch Tag für Tag bis ca. 50 Fahrzeugbewegungen stattfinden, um Klärschlamm anzuliefern oder Asche abzutransportieren. Aufgrund der Verbrennungskapazitäten, die ab 2022 und in den Folgejahren zur Verfügung stehen werden, fragen wir uns, warum Verden nicht nach Bremen fährt? Warum fährt der Langenhagener Schlamm an Hannover-Lahe auf der Autobahn A2 vorbei nach Hildesheim? Celle könnte auch in Lahe anliefern, Göttingen auf kürzerem Wege in Kassel. Ist der Transport von jährlich 11.000 t Klärschlamm mit 75% Wasser aus Göttingen über die A7 der Beitrag von Hildesheim zur Reduzierung von CO2? Und dieses für 25 Jahre festgeschrieben? Uns irritiert außerdem, dass die KNRN für sämtliche Kommunen einen einheitlichen Transportpreis von exakt 10,49 €/t Klärschlamm ansetzt. Also Mülltourismus wird gefördert und gleichzeitig kann die KNRN noch nicht einen einzigen Standort benennen, von dem per Bahn oder Schiff angeliefert werden könnte. Es ist auch völlig unverständlich, warum die einzige freie Fläche am Hildesheimer Hafen nicht freigehalten wird für Betriebe, die tatsächlich Umschlag über den Kanal bringen. Die Verbrennungsanlage gehört nicht auf dieses Areal.

Angeblich soll laut einem uns leider nicht vorliegenden Gutachten der Firma Joma die sogenannte trimodale Anbindung sowie das sofort verfügbare städtische Grundstück neben der Kläranlage ausschlaggebend für die Entscheidung für den Hildesheimer Standort sein. Wir haben deshalb geprüft, welche der angeschlossenen Kläranlagen über eine Anbindung an Schiene oder einen Wasserweg verfügt: nicht eine einzige Kläranlage ist per Bahn oder Schiff erreichbar! Daher wird sich alles auf der Straße abspielen. Die BAB A2, A7 sowie die Bundesstraßen B1 (Himmelsthür) und B6 (Hasede) werden die Hauptzubringer für den Schlammtourismus. 

In Norddeutschland fallen pro Jahr etwa 180.000 Tonnen getrockneter Klärschlamm (Trockensubstanz = TS) mit abnehmender Tendenz aufgrund technischer Möglichkeiten an. Dem gegenüber sind folgende Monoklärschlammverbrennungsanlagen in Diskussion / Planung / Betrieb:

Hildesheim                           ca. 33.500 t/a TS                             Betrieb ab Ende 2024/2025

Hannover-Lahe                    ca. 32.000 t/a TS                             Betrieb ab 2023

Helmstedt/Buschhaus        ca. 32.000 t/a TS                             Betrieb ab 2022

Schüttorf/Saerbeck             ca. 15.000 t/a TS

Wolfenbüttel                        ca. 13.000 t/a TS

Bremen                                 ca. 50.000 t/a TS

Hamburg                               ca. 42.500 t/a TS                             in Betrieb

das sind ca.                              216.500 t/a TS.

Sieht man den gesamten norddeutschen Bereich, sind die Überkapazitäten mit den nachstehenden Anlagen noch gravierender:

Kiel                                         ca. 30.000 t/a TS

Stapelfeld                              ca. 31.500 t/a TS

Rostock                                 ca. 25.000 t/a TS

Stavenhagen                        ca. 32.500 t/a TS

Bielefeld                                ca. 36.000 t/a TS

Kassel                                    ca. 25.000 t/a TS

insgesamt ca.                           370.000 t/a TS.

Von einem Entsorgungsnotstand kann überhaupt keine Rede sein. Es wird also Überkapazitäten bei den Verbrennungsanlagen in Norddeutschland geben, aber das wird Hildesheim nicht jucken, denn über die geschlossenen Gesellschafterverträge mit den anderen Kommunen sind die Verbrennungsmengen gesichert! 

Bei der KNRN sollen pro Jahr 120.000 t Klärschlamm verbrannt werden, das entspricht 30.000 t Trockensubstanz (TS). Die Anlieferung erfolgt als Originalsubstanz (Nass-Schlamm enthält 75% Wasser) und teilweise vorgetrocknet. Nach der Verbrennung verbleiben ca. 17.000 t Asche (ca. 55%). Die Verbrennung von 1 Kg Trockensubstanz erzeugt 4,7 m3 Emissionen (Rauchgas). Die Emissionsgrenzwerte laut 17. BImSchV betragen für Staub 5 Milligramm/m3 und für Quecksilber 0,03 Milligramm/m3 im Tagesdurchschnitt (bezogen auf die Verbrennung von 30.000 t TS sind das 4,5 Kg Quecksilber). Selbst wenn diese Werte eingehalten oder unterschritten werden, reden wir bei der hohen Verbrennungsmenge von etlichen Kilogramm an Schadstoffen, die trotz Mehrfachfilterung über 25 Jahre an die Umgebung abgegeben werden. Das Zeug atmen wir ein! Nicht einbezogen sind hier mögliche Störfälle sowie die bei der Verbrennung entstehenden Dioxine und Furane, da für deren Nachweis aufwändige Messverfahren erforderlich sind.

Zu berücksichtigen sind in der Umgebung der Anlage die Betriebe, die Lebensmittel umschlagen oder verarbeiten, also der Getreideumschlag am Hafen, die Haseder Große Mühle und in Hauptwindrichtung das Gewerbegebiet Nord derzeit mit Lidl, Fruchthof und Bäko. Auch der Naturschutz spielt eine große Rolle, denn die Nachbarschaft zu den FFH-Gebieten mit dem Kleeblatt Mastberg und Innersteaue, Haseder Busch, Giesener Teiche und dem Gelände des ehemaligen Standortübungsplatzes sind von Bedeutung. In einem aufwändig errichteten Infopavillon am Innerste-Radweg nördlich des Mastberges können interessierte Besucher viele Informationen über den Naturschutz in dieser herrlichen Landschaft bekommen; wird dort künftig ein Hinweis aufgenommen, den Bereich wegen der Klärschlammverbrennung lieber zu meiden?

Die Planung und Preiskalkulation der KNRN beinhaltet noch nicht die Kosten für die Entsorgung der jährlich anfallenden über 17.000 t Asche. Der Gesetzgeber schreibt zwingend ab 2029 vor, den Phosphoranteil wieder aus der Asche zu gewinnen. Für die Verwertung der Asche mit Entzug des Phosphoranteils gibt es derzeit noch keine großtechnische Anlage. Die KNRN wird ihre Asche deponieren müssen, und zwar so, dass sie keinen Umwelteinflüssen ausgesetzt wird, die einen späteren Phosphorentzug einschränken oder verhindern. Wir fragen uns, wie soll die Asche transportiert und wo soll die Asche deponiert werden? Wie kann man eine solche Anlage planen, wenn der Entsorgungsweg für das Produkt (=Asche) nicht feststeht? Ist das gesetzlich überhaupt zulässig? Welche Kosten kommen dann noch auf die Gebührenzahler zu? 

Als Bürgerinitiative werden wir uns weiterhin mit dieser Problematik befassen. Wir sind auch gern zu einem Gespräch bereit. Darüber hinaus lohnt sich auch der Blick auf andere technische Verfahren zur Klärschlammentsorgung und Phosphorrückgewinnung durch Pyrolyse, diese sind durchaus wirtschaftlich und für Hildesheimer Zwecke geeignet. Wir verweisen auch auf eine kleinere Monoklärschlammverbrennungsanlage, die auf der Insel Rügen betrieben wird und von der Größe her auch für Hildesheim und Umgebung geeignet ist.

P. F. meint: Dioxinbelastung sprengt jede vernünftige Dimension

Am 23.01.2020 erläuterten die Herren Dr. Voß und Dr. Manthey, beide Geschäftsführer der Kommunalen Nährstoffrückgewinnung Niedersachsen (KNRN), in einer Ortsratssitzung in Hasede die geplante Monoklärschlammverbrennungsanlage am Hildesheimer Hafen mit einer anschaulichen Leinwandpräsentation. Gezeigt wurde, dass bei einer geplanten Verbrennungsmenge von 135.000 t Klärschlamm pro Jahr 19 g DIOXINE (ein sog. Emissionshotspot) als Emissionen aus dem Schornstein kommen. Laut WHO wird für DIOXIN/Furane/PCB ein Vorsorgewert von 2 pg/kg Körpergewicht vorgegeben. 19 g DIOXINE im Jahr stellen den Vorsorgewert von 360.000 Personen dar. Das Umweltbundesamt gibt eine Grundbelastung von ca. 1 pg/kg Körpergewicht an (entspricht 720.000 Personen). Bei dieser Berechnung dürfte keine Vorbelastung vorliegen, was aber in der Realität illusorisch ist. Wenn auf Grund der Toxizität der Substanzen jede zusätzliche Belastung der Umwelt vermieden werden soll, kann eine Anlage in der am Hafen geplanten Dimension ja wohl nicht ernst gemeint sein. Ein weiterer großer Kritikpunkt ist der ungeklärte Verbleib der „wertvollen Asche“, aus der zu einem späteren Zeitpunkt, wie vom Gesetzgeber gefordert, der Phosphor entzogen werden muss. Die Geschäftsführer der KNRN konnten die 200 Besucher an diesem Abend aufgrund der sich ergebenden Umweltbelastung nicht von dem Vorhaben überzeugen, eine Anlage dieser Größenordnung am geplanten Standort zu errichten. 

R. T. meint: Wie wäre es mit einer Hildesheimer Klimaschutz-Kultur?

Klar, wenn man sich mit einer 60-Millionen-Anlage am Hafen ein Denkmal setzen möchte, ist eine kleine Anlage zur Klärschlammbehandlung sicher nicht sinnvoll. Man kann dann auch Ratsmitgliedern, die in ihrer Ansicht zur geplanten Anlage gefestigt sind (tel. Hansen) und keine anderen Argumente gelten lassen, nicht mehr ins Gewissen reden. Dabei sollten die Hildesheimer Ratsmitglieder wissen: Es muss für die Gebührenzahler kaum teurer werden, wenn man nur für Hildesheim und die nahe Umgebung mit bis zu 5000 t Trockensubstanz plant. Die Anlage selbst (Pyrolyse oder Verbrennung) kostet nur Bruchteile der geplanten Anlage, aber die Jahrzehnte dauernden Transporte und die Transportkosten entfallen; die Emissionen betragen nur ein Mindestmaß dessen, was derzeit zu erwarten ist. Besondere Vorteile werden bei dem Einsatz einer Pyrolyse-Anlage deutlich: ca. 2100 t CO2 kann Hildesheim pro Jahr einsparen, es fallen keine 18000 t Asche pro Jahr an, bei denen man noch nicht einmal weiß, wie der Phosphor herausgeholt werden soll. Wenn Hildesheim Kulturhauptstadt 2025 werden will, wären auch Schritte zu einer Klimaschutz-Kultur ohne Verbrennung sinnvoll.

Norbert Hüter schreibt: Interessant und typisch war beim „Verkauf” dieses Vorhabens der Errichtung einer Monsterverbrennungsanlage die Vorgehensweise der Politik in der Formulierung der Beschlussvorlage des Rates der Stadt Hildesheim für die Ratsmitglieder.

1. Man übergeht die Tatsache, dass bei der wirtschaftlichen Bewertung der Standort Hildesheim nur den Rang 4 von 7 Standorten erreicht hat.

2. Stattdessen sattelt man auf: Man führt einen gut und hochgradig rational klingenden Begriff ein – „trimodal“. Bedeutet schlicht erklärt Dreimöglichkeit. Gemeint sind damit die drei Möglichkeiten in Hildesheim den Klärschlamm zu empfangen. Nämlich auf dem Landweg (Straße), Schienenweg und Wasserweg. Vergleichbar mit einem Rundfunkgerät, das UKW, Langwelle und Mittelwelle empfangen kann. Sehr schön, wenn man so etwas hat und der Verkäufer damit das Produkt bewirbt und man drauf reinfällt und es kauft. Es nutzt nämlich überhaupt nichts, wenn alle Sender leider nur auf Mittelwelle senden können und es für die anderen beiden Frequenzen keine Sender gibt. Und das gilt für die Klärschlammzulieferer analog, weder Schiene noch Wasser sind bei denen direkt möglich, nur Straße. Die ganze „Trimodalität” in Hildesheim ist dann für die Katz’ und nichts weiter als ein billiges, aber wohlklingendes „Argument”!

3. Garniert wird das Ganze mit schönen Begriffen wie „Synergieeffekte, wirtschaftliche Vorteile, große ökonomische und ökologische Vorteile.” Das alles sind Originalzitate aus der Beschlussvorlage 18/309 des Stadtrates, um die unbedarften Ratsmitglieder damals zu überzeugen. Und es hat geklappt! Das Gleiche soll nun auch mit den Bürgern und ihrer Initiative geschehen, die sich nicht grundsätzlich gegen eine Mono-Klärschlamm-Verbrennungs-Anlage nur für den Raum Hildesheim wehren, wohl aber gegen eine Monsteranlage für den Dreck von für 57 Kläranlagen aus ganz Norddeutschland. Wenn das so eine feine und vorteilhafte Sache ist, warum reißen sich die anderen Kommunen nicht darum? Warum sind die heilfroh, dass der ganze Dreck in Hildesheim landet und die Schadstoffe hier verteilt werden können? Warum wohl? Was ist die Motivation der Politik für diesen Wahnsinn? In wessen Interesse wird da gehandelt?

Zuschriften bitte an klaerschlamm-initiative@gmx.net. Ein Recht auf Veröffentlichung behalten wir uns vor.